Glück aus der Sicht von Yoga

Glück ist zum einen ein Zustand der Freude, ein Zustand der Befriedigung. Zum zweiten ist Glück auch die Bezeichnung für das Eintreffen eines günstigen Ereignisses. Yoga sagt, dass jeder Mensch tief im Inneren glücklich ist. Die Natur des Menschen selbst ist Freude und Glück.

Was ist Glück – was ist Freude?

Zunächst eine Erläuterung zu den Begrifflichkeiten:

Ananda bedeutet Freude bzw. Glück und Sukha bedeutet Vergnügen und ist das Gegenteil von Duhkha, was Schmerz und Leid bedeutet.

Was ist Ananda – was ist Glück?

Ananda ist laut Vedanta unsere wahre Natur. Wir sind nicht der Körper, wir sind nicht die Psyche und nicht das Prana. Wir sind Sat Chid Ananda – reines Sein, reines Wissen, rei-ne Glückseligkeit.  Ananda (Freude) und Sukha (Vergnügen) hängt zusammen mit Duhkha (Schmerz, Leid).

Es ist wichtig zu verstehen, warum wir im Alltag manchmal glücklich und manchmal auch wieder unglücklich sind, wo doch unsere wahre Natur das Glück ist. Ist der Geist ruhig, dann erfährt man in der Tiefe seines Wesens Freude. Ruhe im Geist erlangt man, wenn man sich von Gedanken, Wort- und Bildgedanken, lösen kann. In dem Moment, wo keine Gedanken, nur Bewusstheit da ist, dort ist Freude.

4 Methoden, zum Glücklichsein

1. Ananda-Sukha-Duhkha-Prinzip

Angenommen, man hat einen Wunsch, zum Beispiel nach einem schönen, indischen Meditations-tuch. Man stellt sich vor, dass man besser meditieren könnte, wenn man auch so ein Tuch hätte. In dem Moment, wo man den Wunsch hat, ist man nicht mehr glücklich. Denn nun denkt man, man braucht unbedingt diesen Meditationsschal, um glücklich zu sein. Im nächsten Moment überlegt man, wie man dieses Ziel erreicht. Wenn man das Meditationstuch dann bekommt und anzieht, dann ist man glücklich. Warum ist man jetzt glücklich? Liegt es an dem Meditationstuch? Wenn das so wäre, dann braucht man das Tuch einfach nur jeden Tag anziehen und man wäre jeden Tag glücklich. Schon bald wird man jedoch feststellen, dass man gar nicht mehr an das Me-ditationstuch denkt. Zumindest empfindet man nicht mehr das gleiche Glücksgefühl. Glück ist nicht der Meditationsschal. Man ist glücklich, weil man im Inneren Glück spürt. Wenn man einen Wunsch hat, dann hat man viele Gedanken und weil man viele Gedanken hat, ist man vorüberge-hend unglücklich. Ist der Wunsch erfüllt, ist vorübergehend kein oder kaum ein Gedanke im Geist. In diesem Moment, wo der Wunsch erfüllt ist, dein Geist ruhig wird, strahlt die Freude des Selbst aus und man erfährt Glück.

Sukha-Duhkha-Viveka bedeutet also: Selbst die vorübergehende Freude wird nicht von einem Objekt beeinflusst. Sondern die vorübergehende Freude, Sukha, ist eine Reflexion von Ananda.

Das Glück, das man erfährt, hat nichts mit dem Objekt zu tun. Dahingegen kann aber das Unglück mit dem Objekt in Verbindung stehen. Dieses hat aber auch nichts mit dem Objekt an sich zu tun, sondern mit den Erwartungen, die man an das Objekt hat. Wir erwar-ten Dauerhaftigkeit und immer das gleiche Glück.

Anhand dieser Beispiele kann man auf vielfältige Weise die Quelle des Leidens erkennen. Vergnü-gen und Schmerz liegt nicht in den Objekten. Vergnügen kommt, wenn ein Objekt den Geist beruhigt hat und der Geist in diesem Moment die eigene Freude widerspiegelt. Schmerz und Unglück kommt, wenn man von einem Objekt etwas erwartet, was es nicht geben kann, zum Bei-spiel dauerhaftes Glück oder man sein Glück von einem bestimmten Objekt abhängig macht.

Zusammengefasst heißt das:
1. Prinzip: Wir sind glücklich, wenn wir ein Objekt wollen, es bekommen und sich eine vorüberge-hende Freude einstellt.
2. Prinzip: Wir sind unglücklich, wenn dann dieses Objekt verschwindet oder wenn wir das Objekt nicht bekommen, von dessen Dasein wir unser Glück abhängig machen. Wir werden auch un-glücklich, wenn es plötzlich ein anderes, besseres Objekt gibt, wenn wir Angst haben, es zu verlieren, es verschwindet oder es zum Beispiel zerstört wird. Doch so muss es nicht sein, wenn wir uns bewusst machen, dass die Freude in uns selbst liegt. Anandoham – ich bin Freude.

Man kann das Spiel des Geistes mitspielen. Schaut man beispielsweise einem Kind beim Spielen zu, das dabei glücklich ist, kann man sich mit dem Kind mitfreuen. Weint ein Kind, kann man dabei Traurigkeit empfinden. So ähnlich kann man auch den Geist anschauen. Der Geist will etwas und man gibt es ihm. Der Geist freut sich und man denkt: „Ok, dann genieße ich die Freude mit ihm.“ Oder der Geist kommt plötzlich ins Leiden (Duhkha). Man schaut den Geist an und denkt: „Ja, ich habe etwas in ein Objekt projiziert und schon zieht es Leid mit sich.“ Das ist das Prinzip von Ananda-Sukha-Duhkha.

2. Erfahrung von Sukha im Alltag

Ist man bei einer Tätigkeit sehr konzentriert, ist man vollkommen bei dieser Aufgabe, geht darin auf. Wir empfinden Freude und Spaß – man will nichts anderes machen. Überlege dann ganz ge-nau, was genau es ist, was zu der Freude führt. Ist es wirklich diese Tätigkeit selbst, die man gera-de ausführt? Oder hängt die Freude von einem Objekt ab, das man zur Ausführung der Tätigkeit benötigt?

Die Antwort ist: Die Freude kommt von keinem Objekt oder von keiner Bewegung, die durch die Tätigkeit entsteht. Die Freude kommt auch nicht durch die Ausführung der Tätigkeit selbst. Wo-her kommt dann diese Freude? In dem Moment, wo man ganz konzentriert ist und insbesondere, wenn man nicht in die Vergangenheit, nicht in die Zukunft denkt und nicht überlegt, komme ich an oder was denken andere über mich – wenn wir all das weg lassen und ganz in der Gegenwart sind, dann spiegelt sich die Freude des Selbst wider.

Oft haben wir unendlich viele Gedanken im Kopf, die sich mit den unterschiedlichsten Themen befassen. Wir denken an die Vergangenheit, die Zukunft, was andere von uns denken, wie andere sich verhalten oder wie wir uns selbst verhalten – Unsere Gedanken drehen sich ständig um The-men, die uns beschäftigen. Diese Masse an Gedanken überdeckt das Glück des Selbst, da sich diese Gedanken um Dinge außerhalb unseres Seins drehen. In dem Moment jedoch, in dem wir uns vollkommen einer Sache widmen und wir konzentriert sind, sind wir glücklich. Der Geist ist ruhig und dann strahlt man die Freude des Selbst aus. Und so haben wir eine zweite Methode, wie wir glücklich sein können – indem wir uns auf Dinge konzentrieren.

Doch es ergibt sich auch eine einfache, praktische Konsequenz. Will man glücklich sein, dann sei konzentriert bei dem, was du tust. Wenn du zum Beispiel glücklich sein willst und hast Hausarbeiten zu machen, dann mache sie mit Konzentration. Wenn du staubsaugst, dann staubsauge sehr konzentriert. Wenn du isst, dann esse sehr bewusst und sehr konzentriert. Wenn du dich unterhältst, sei dabei voll konzentriert. Du kannst dir das zur Aufgabe machen, im Hier und Jetzt zu sein und Freude zu genießen.

3. Sukha eine Widerspiegelung von Ananda

Woher kommt Sukha?

Man ist auch glücklich, wenn man mit einem Menschen zusammen ist, den man mag oder gar liebt. Diese Person kann ein/-e gute/-r Freund/-in oder Partner/-in sein, es kann dein Kind oder ein anderes Familienmitglied oder dein spiritueller Lehrer sein. In dem Moment, wo man mit diesem Menschen zusammen ist, spürt man Glück. Woher kommt dieses Glück? Manchmal ist es ein und derselbe Mensch, der dich in einem Moment glücklich macht und zum Beispiel nur ein paar Tage später macht er dich unglücklich. Er schimpft mit dir, beachtet dich nicht oder er ist erst Himmel hochjauchzend und dann zu Tode betrübt. Hängt es am Menschen? Nein, es hängt nicht an diesem Menschen. Auch hier zeigt sich, dass Sukha eine Widerspiegelung von Ananda ist. In dem Moment, wo man vom Individuellen wegkommt und sich öffnet, sich mit einem anderen Menschen verbindet, leuchtet Ananda auf. Hört man auf, sich mit seinem eigenem Körper zu identifizieren, wenn man sich mit einem anderem Menschen oder Tier verbindet, dort ist Anan-da. Die Seele verbindet sich mit einer Seele und in diesem Moment der Verbindung zwischen See-len, leuchtet das Bewusstsein bzw. Ananda, Freude, auf. Deshalb heißt es auch: In Ananda, in der Freude, ist auch gleichzeitig Liebe, Prema.

Denkt man nun, die Freude hängt an dem einen Menschen, dann kommt man wieder in Duhkha hinein. Denn der andere Mensch ist nicht immer so, wie er sein sollte. Man soll nicht alles nur auf den Körper oder auf die Psyche beziehen. Der Körper und auch die Psyche gehen durch Veränderungen. Der Mensch ist mal so und mal so. Das ist aber nur vorübergehend, denn alles in der relativen Welt geht durch Veränderungen, durch Parinama, und ist nicht ewig. Das Vergängliche kann nicht die Freude geben, die wir erwarten. Wenn man aber weiß, dass die Freude, die man mit einem anderem Menschen hat, das Aufleuchten der Freude des Selbst ist, ein Aufleuchten von Prema, von Liebe, dann ist diese Freude und diese Liebe auch bedingungslos. Der andere Mensch mag sich aber auch mal komisch verhalten oder vielleicht spricht er mit dir auf eine Weise, wie es nicht angemessen ist, dennoch muss man sich nicht darauf konzentrieren. Ak-zeptiert man die Veränderungen und macht das Glück nicht von dem Verhalten eines Menschen abhängig, kann man sich trotzdem mit der Person verbinden und dann leuchtet Liebe und Freude auf. Aufleuchten des Selbst aus der Begegnung zweier Menschen, das ist die dritte Art der Freude, die wir bekommen können.

Zusammenfassung

Zusammenfassung der verschiedenen Möglichkeiten zu Freude zu gelangen:

  • 1. Erfüllter Wunsch führt zur Ruhe des Geistes – Freude leuchtet auf – Glück
  • 2. Wir tun das, was zu tun ist, mit Konzentration – Freude leuchtet auf – Glück
  • 3. Wir verbinden uns mit einem oder mit mehreren Menschen, individuelle Grenzen verschwinden und auch hier leuchtet Freude auf.
4. Möglichkeit zum Glücklichsein

Grundlos glücklich sein bzw. grundlos das Bewusstsein ausdehnen – in alle Richtungen spüren – nicht nur zu einem Menschen, sondern in alle Richtungen. In dem Moment, wenn man Verbindung spürt, leuchtet sein Selbst auf. In dem Moment, wenn man sein Bewusstsein ausdehnt, ist man über seine Uphadis (Begrenzungen/Verdeckungen des Selbst) hinausgewachsen. In dem Moment leuchtet Freude auf. Das ist die Meditation mit Yogaübungen. Yoga kann den Geist beruhigen. Man kann in der Ruhe des Geistes das Bewusstsein erfahren. Man könnte auch sagen, was auch immer wir durch Yoga üben, soll helfen, den Geist zu beruhigen. Ist der Geist ruhig, dann erfährt man sein wahres Wesen. Und sein wahres Wesen ist Freude Sat Chid Ananda.

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Glücksforscherin Sonja Lyubomirsky

Sonja Lyubomirsky ist eine der bekanntesten amerikanischen Glücksforscherinnen. Sie ist Professorin an der University of California und hat den Weltbestseller "Glücklich sein" (2008) geschrieben. Ihr spezielles Forschungsgebiet ist das Glücksniveau.

Yoga in der Helenenquelle

Im Gesundheitszentrum Helenenquelle können Sie nicht nur Yoga praktizieren, sondern auch durch unser kompetentes TCM-Team Ihren Körper und Geist durch verschiedene therapeutische Anwendungen in Einklang bringen. Bei einem Termin vor Ort im Gesundheitszentrum Helenenquelle berät Sie unsere TCM-Expertin, Frau Witt, individuell und persönlich, wie auch Sie den Einklang von Körper und Geist durch spezielle medizinische Anwendungen unterstützen können.

Informationen zur Autorin des Beitrags, Yan Witt:

Yan Witt
Bachelor of Medicine Universität Peking (China)

Qualifikationen und Tätigkeiten:

  • Bachelor of Medicine Universität Peking (China) in Traditional Chinese Medicine mit den Schwerpunkten, Akupunktur, Phytotherapie, Tuina-Massage, QiGong und Ernährungstherapie
  • Seit 2010 Mitglied des Teams für Traditionelle Chinesische Medizin des Gesundheitszentrums Helenenquelle
  • Regelmäßiger wissenschaftlicher Austausch mit der Klinik für Chinesische Medizin, Yichun, VR China