Was für ein Tag

Im Jahr 2016 machten meine Frau und ich – wie schon des Öfteren – gemeinsam eine Kur in der Helenenquelle in Bad Wildungen. Gleiche Etage, gleiches Zimmer; wir hängen an Dingen und Zuständen, die wir gewohnt sind und die wir kennen. Der Termin unseres Aufenthaltes war nicht sonderlich gut gewählt, denn just in die Zeit des Kuraufenthaltes fiel in diesem Jahr mein Geburtstag. Ich sagte schon, dass wir an Traditionen hängen und dazu gehört, dass wir Geburtstage gemeinsam mit unseren Kindern verbringen. Kinder, die eigentlich keine mehr sind, denn sie sind erwachsen und haben längst eigene erwachsenen Kinder. Das tut der Liebe jedoch keinen Abbruch und das meine ich wörtlich. Dementsprechend war meine Stimmung an dem Tag nicht gerade die beste, obgleich meine Frau sich die größte Mühe gab, mir den Tag angenehm zu gestalten. Auch das Gesundheitszentrum Helenenquelle tat das ihrige, mit dem Versuch, mich aufzuheitern. Zum Frühstück gab es ein kleines Geschenk und eine Kerze an meinem Platz. Das gestaltet das Haus stets recht gut und findet auch bei den Gästen entsprechenden Anklang.

Im Laufe des Vormittags standen für uns Anwendungen auf dem Programm und die relativ kurzen Zeiträume dazwischen verbrachten wir regelmäßig auf dem Zimmer mit Lesen oder ähnlichem, da für Spaziergänge die Zeiten zu kurz waren. Plötzlich klingelt – hier für uns ungewohnt – das Zimmertelefon. Ich hebe den Hörer ab: „Feddersen!“ Es ist die Rezeption: „Herr Feddersen, hier ist für Sie etwas abgegeben worden, würden sie bitte herunterkommen, um es abzuholen?“ Ich war verblüfft! Wir hatten zwar inzwischen im Ort auch Bekanntschaften geschlossen, aber sollten die für mich hier wirklich etwas abgegeben haben? Ich sagte dann der Frau von der Rezeption, dass ich sogleich nach unten komme, erhob mich und zu meiner Frau gewandt sagte ich: „Da ist an der Rezeption etwas für mich abgegeben worden! Ich soll es abholen!“ Nach einer kurzen Pause fügte ich hinzu: „Das ist bestimmt Andrea!“. „Quatsch, die können doch gar nicht kommen, sie muss doch arbeiten!“, antwortete meine Frau. Was mich ritt, in dem Moment an unsere Tochter Andrea zu glauben, weiß ich nicht. Es war wahrhaftig unmöglich.

Ich ging nach unten und bevor ich die Halle betrat, schaute ich vorsichtig um die Ecke, als könne dort in der Tat eine Überraschung für mich stehen. Mir wurde heiß! Eine Welle von überschwänglichem Glücksgefühl durchströmte mich! Andrea und Ingo, unser geliebter Schwiegersohn, standen in der Halle! Dennoch trat ich forsch aus meinem Versteck und ging schnurstracks mit den Worten auf sie zu: „Da seid Ihr ja!“ Andrea meinte verdutzt: „Woher wusstest du das denn?“ Ich konnte die Tränen des Glücks nicht zurückhalten, schloss sie und Ingo in meine Arme. „Ich wusste es nicht, hatte aber – als die Rezeption anrief – so eine Ahnung!“

Was für ein Tag! Was für ein Tag wurde dieser Geburtstag! Die Beiden blieben einige Tage, konnten die Mahlzeiten in der Helenenquelle einnehmen, wohnten in ihrem Wohnwagen auf einem Campingplatz in der Nähe von Bad Wildungen und sie machten uns die Tage, die wir mit ihnen zusammen verbringen konnten, unvergesslich!

Ein wahrer Glücksmoment, an den ich mich immer wieder gerne erinnere.

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